Ablehnung auf einem Papierflugzeug von Ihm und Ihr nachdem die Schnittstelle so fröhlich war.
Vor den Toren zur Unterwelt verabschiedeten sie sich von den Wächtern, die noch einen nicht witzigen Scherz über eine Geldstrafe machten und lachend in einer Gasse verschwanden.
Und auch Galia verließ sie. Sie hatte ihren Posten bereits zu lange unbeaufsichtigt gelassen und drängte darauf, die nächste Pylonenbahn zu nehmen. Sehr zur Belustigung der beiden Außendienstler sandte der Professor ihr schmachtende Blicke hinterher, nachdem ihre süßliche Verabschiedung bereits fast zu einem Zuckerschock geführt hatte.
„Und was nun?“
„Wir sollten Galias Beispiel folgen und uns eiligst zurück zu unserem Einsatzfahrzeug begeben. Weder das ÖfAFödaBI noch das Grinsen werden besonders erbaut über unsere Exkursion sein, wenn sie bekannt wird. Es ist absolut unumgänglich, dass wir den Schein wahren.“
„Soweit war mir das schon bewusst. Ich meinte mehr, was wir mit dem anfangen, was Cleenes Mutter gesagt hat. In diesem Moment ist jedoch noch etwas wichtiger: Wie kommen wir zum Wagen zurück?“
„Was meinst du? Auf demselben Weg, auf dem wir auch hierhergekommen sind.“
„Haben sie in letzter Zeit einmal in ihren Geldbeutel gesehen?“
Der Professor warf Fidster einen kritischen Blick zu, löste nichtsdestotrotz seinen Beutel vom Gürtel und wusste bereits bevor er ihn öffnete, dass er nicht das enthalten würde, was er enthalten sollte. Sobald er die Schnüre gelockert hatte flog eine kleine Motte heraus. „Es ist zugegeben eine nette Idee, das Geld durch ein Insekt zu ersetzen. Zeugt von Kreativität und Geschick.“ Die anderen beiden mussten nicht erst aufgefordert werden, um es ihm nachzutun, und auch bei ihnen flatterte ein kleiner Falter heraus.
„Es sollte mich wirklich nicht überraschen, dass man uns im Königreich der Bettler und Huren ausgeraubt hat. Allerdings stimmt es mich ein wenig ärgerlich, dass ich es nicht bemerkt habe.“
„Schön, dass sie es so gelassen sehen, dass wir die Rückreise nicht mehr bezahlen können.“
„Und was jetzt, Herr Professor? Können wir uns in dieser Stadt Geld leihen?“
„Nicht, ohne einen guten Leumund oder auf die Ressourcen unseres Arbeitgebers zurückzugreifen, was wir unbedingt vermeiden sollten.“
„Ich kenne niemanden hier.“
„Ich auch nicht.“ Au schüttelte nur den Kopf und der grübelnde Blick in die Weite war ein sicheres Zeichen dafür, dass dem Professor ebenfalls niemand einfallen wollte.
„Wir sollten uns erst einmal eine Unterkunft suchen, und uns morgen einen Weg überlegen. Ich denke, dass wir alle etwas angespannt sind.“
„Das klang jetzt, als wollten sie uns beruhigen, weil wir gerade in Panik geraten. Aber darf ich sie an den kleinen Schönheitsfehler in ihrem Plan erinnern? Wir haben kein Geld, um eine Unterkunft bezahlen zu können.“ Das Gesicht des Professors verfinsterte sich, er blieb jedoch einen Kommentar schuldig.
„Der Pseudodings würde bestimmt bei einem Pfandleiher ein hübsches Sümmchen bringen“, schlug Cleene vor, was die Falten auf der Stirn des Professors jedoch nur noch tiefer werden ließ.
„Der PNP besteht aus Teilen, die ich aus der Geräte im Einsatzwagen ausgebaut habe. Wenn ich diese nicht wieder in einen Funktionsfähigen Zustand versetzen kann, können wir nicht mehr unserer Arbeit nachgehen. Ich hoffe, Cleene, ich brauche dir nicht zu erklären, was das für unsere Tarnung bedeutet.“
Am Ende blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Stadt zu verlassen, denn so ungerne sie auch unter freiem Himmel schlafen wollten, von der Wache wegen Herumlungerns aufgegriffen zu werden, lag noch weniger in ihrem Interesse.
Sie schlugen ihr Lager in einem kleinen Hain am Wegesrand auf, was bedeutete, dass die beiden Außendienstler ihr Training nutzten, um ein kümmerliches Dach aus Zweigen aufzustellen und sie sich zusammenkuschelten, um nicht zu sehr zu frieren. Natürlich hätten sie ein Feuer machen können, aber nachdem sie weder Zunder noch Stahl zur Hand hatten, zerbrach Fidster zweimal den provisorische Feuerbohrer und Cleene versagte kläglich mit Feuersteinen, die keine waren.
Entgegen seinem Grummeln gefiel dem Professor das Arrangement sogar ein wenig, denn er hatte in den letzten Jahren selten die Gelegenheit gehabt, so eng mit zwei Frauen gleichzeitig zusammenzusitzen. Zu seinem Ärger währte die traute Viersamkeit nicht lange, denn kurz nachdem der Mond den Himmel hienaufgekrakzelt war, schob sich ein dunkler Schatten vor ihn, obwohl vor kurzem noch keine Wolken in Sicht gewesen waren.
Den wenigsten wäre dies freilich aufgefallen, aber Au, die den Professor gerne mit ihrem Hammer in einen weniger erregten Zustand versetzt hätte, hatte nur auf eine Ablenkung gewartet. Sie sprang auf und blickte ihn Richtung des Mondes, vor dem sich die Silhouette von etwas abzeichnete, dass man nur als übergroßen Papierflieger beschreiben konnte. Sie war nur für einen kurzen Augenblick überrascht, und das auch nur, weil man allgemeinhin davon ausging, dass die Technik zum Falten dieser Ungetüme mit dem Volk der Lithographiten untergegangen sei.
„Wer hätte das gedacht“, bemerkte sie daher in einer Stimme, die so voller Überraschung war, dass auch die anderen aufstanden, um zu sehen, wonach die Haartanerin Ausschau hielt. Während sie dort standen, hörten sie plötzlich ein Surren, dass mit jeder Sekunde lauter wurde. Wenig später konnten sie weitere Schatten am Himmel entdecken, die schnell näher kamen. Zuerst hielten sie sie für vielleicht zwanzig fliegende Baumstämme, korrigierten sich jedoch bald, als sie erkannten, dass sie mindestens Beine besaßen.
„Wie fliegen die?“
„Auf jeden Fall können wir ausschließen, dass sie auf einem Pylonenstrahl schweben.“
„Soweit hatte ich es auch gesehen, danke, Prof.“
„Ist doch egal. Wichtiger ist, dass die auf uns zukommen. Warum tun sie das?“
„Nach allem, was uns in letzter Zeit zugestoßen ist, und wenn wir zusätzlich mit einbeziehen, dass wir seit drei Tagen nicht mehr bei unserem Einsatzwagen waren, würde ich von der Annahme ausgehen, dass sie uns gesucht haben, um uns gefangen zu nehmen.“
„Und wer sind sie?“
„Ist das nicht offensichtlich, Cleene?“
„Würde ich fragen, Prof?“
„Ja, würdest du“, antwortete Fidster, bevor der Professor ihm mit einer weitschweifigen Erwiderung zuvor kommen konnte. Er fing sich dafür einen Schlag gegen den Oberarm ein, konnte aber mit gutem Gewissen feststellen, dass es das auf mehreren Ebenen wert gewesen war, und wenn es nur den Redefluss des dünnen Mannes aufzuhalten. Er hatte sich geirrt, denn der Professor holte zu einer erklärenden Herleitung aus.
„Wenn sich nicht noch jemand gegen uns verschworen hat, von dem wir bisher nichts wissen, können wir folgende Parteien ausschließen: 1. Die ÖfAFödaBI verfügt nach allem, was wir wissen, über die verschiedensten Fluggeräte und bei keinem davon handelt es sich um einen Papiergleiter. 2. Beim Nekropopen können wir davon ausgehen, dass er kein Interesse an der Luftfahrt besitzt, ansonsten wären schon lange Berichte darüber bei unserem Arbeitgeber eingegangen. 3. Die Hurenkönigin benötigt kein derartiges Gefährt und ihre Untergebenen würden uns als Fledermäuse angreifen.“
„Warum sollte sie an uns interessiert sein? Wir haben ihr doch nichts getan?“ wandte Au ein, etwas empört über die Vorstellung, dass sie sich unbegründet die Feindschaft der Vampirin zugezogen haben sollten.
„Sie könnte unsere Einmischung als feindlichen Akt betrachten. Man weiß nie, was in den Köpfen von Untoten vorgeht. Aber darum geht es gerade gar nicht. Ich wollte nur darauf hinaus, dass dieses gefaltete Etwas dort am Himmel nicht ihr gehört.“
„Und damit bleibt deine Schwester“, beendete Fidster die Beweisführung des Professors, der ihm einen bösen Blick zuwarf.
„Na toll. Und wie hat sie uns gefunden?“
„Die BSV natürlich. Wie sonst?“
„Ärgerlicher Auswurf!“ versuchte Cleene zu fluchen und zog den Chaosmeißel hervor. Sie überprüfte den Energiestand, was sie zu einem guten Ziel in der Dunkelheit machte.
Der erste Betäubungspfeil traf den Meißel, der zweite, dritte und vierte verschiedene Stellen an ihrem Körper. „Verd …“ brachte sie noch hervor und kippte langsam nach hinten, einem gefällten Baum nicht ganz unähnlich.
Der Professor, der größte Pfeilfänger ihrer Gruppe, ging als nächstes zu Boden, gefolgt von Fidster, der noch einen wackeren Versuch machte, sich hinter einen Baum zu flüchten, ohne dabei jedoch in Betracht zu ziehen, dass die Gegner auch von der anderen Seite kommen könnten. Er hatte noch genügend Zeit, nach seinem Nachtsichtgerät zu greifen, bekam es jedoch nicht mehr zu fassen und ärgerte sich, dass er nicht früher daran gedacht hatte.
Au gelang es am längsten, den Geschossen auszuweichen, was sie am Ende nur bedingt begeistern konnte. Sie erhielt zwar auf diese Weise die Gelegenheit ihre Angreifer aus der Nähe zu betrachten, verriet sich aber durch ihr Gelächter und wurde mit noch mehr Pfeilen gespickt als Cleene.
Als sie endlich wieder zu sich kam, brummte ihr Schädel. Sie zog eine Strähne ihres Haares vor ein Auge und konnte einen ganzen Tuschkasten in den paar Haaren entdecken. Mehr als eine hochgezogene Augenbraue brachte sie trotzdem nicht zustande, weil ihre Kopfhaut abzufallen drohte. Mehr war aber auch nicht nötig. Sie hatte noch nie bei sich oder bei einer anderen Haartanerin so viele Farben auf einmal in den Haaren entdeckt, gemessen an den wirren Träumen, die sie gehabt hatte, erschien es ihr jedoch einleuchtend.
„Dann sind wir ja jetzt alle Vollzählig“, ertönte eine fröhliche Stimme, die Au seltsam vertraut vorkam. Sie blickte sich um und entdeckte ihre Kollegen, die mit grimmigen Gesichtern an einer Wand lehnten.
„Ich bin hi-ier!“ ertönte die Stimme erneut und die drei stehenden verzogen in einer seltenen Anwandlung von Gemeinsamkeit angewidert das Gesicht. Au drehte sich zur Wand, die ihnen gegenüberlag und fand dort die Sprecherin.
Es handelte sich um etwas, dass aussah, als wenn der beste Papierkünstler ein Gesicht aus der Wand herausgefaltet hätte, einige kannten standen hervor, die Farbe von Haut und Haar entsprach dem Weiß der Wand und es wirkte etwas zu groß, aber man konnte eindeutig den zu großen Mund und, wenn man wusste, wonach man Ausschau halten musste, die Ähnlichkeit mit Cleene erkennen. Au erschrak.
„Entschuldigen sie, ich wollte sie nicht erschrecken“, trillerte das körperlose Gesicht. „Ich bin WIGG, das Wohlfühl-Interface des Großen Grinsens; und mein einziger Wunsch ist es, ihnen ihren Aufenthalt in dieser Gefängniszelle so angenehm wie möglich zu machen.“
Au stand auf und stellte sich vor das Gesicht. Sie legte den Kopf schief und WIGG lächelte ihr breitestes Lächeln, was alle Anwesenden befürchten ließ, dass das Papier, aus dem es bestand, reißen könnte.
„Warum sehen sie so aus wie das große Grinsen?“
„Meine Erschafferin hat mich nach ihrem Bild gestaltet, ist das nicht großartig?“
„Nein!“ rief Cleene von ihrem Standort aus, der, wie Au jetzt bemerkte, möglichst weit entfernt von dem magischen Gesicht war. Ein kurzes Flackern verzerrte für einen Augenblick WIGGs Züge und hinterließ die Ahnung eines Schmollens, bevor das freundliche Lächeln wieder zurückkehrte. Au ging davon aus, dass es freundlich war, auch wenn die Narben am Mund jedem Lächeln einen gewissen Schrecken verliehen.
„Entschuldigen sie bitte. Meine Kollegin ist sehr aufgebracht.“
„Das ist kein Problem. Ich bin dafür erschaffen worden, ihre Erlebnisse an diesem Ort zu optimieren. Wie kann ich ihnen helfen bevor sie vor die Kommandanten gebracht werden?“
„Um welche Kommandanten handelt es sich dabei?“ mischte sich jetzt der Professor ein.
„Um die Kommandanten der Avion-En-Papier, des Papierflugzeugs, auf dem sie sich befinden.“
„Und was wollen sie von uns?“
„Die Kommandanten sind begierig darauf, mit ihnen zu sprechen. Das Große Grinsen hatte ihnen eindeutige Instruktionen mitgegeben, wie sie zu behandeln sind.“
„Und was will das Grinsen von uns?“
„Darüber hat sie mir keine Auskunft erteilt. Aber ich hoffe, dass sie ihre Schwester wiedersehen will. Familien sind so etwas Wichtiges, finden sie nicht auch?“ Es machte sich niemand die Mühe, ihr zu widersprechen. Stattdessen sahen sie sich nur an. Keinem wollte eine sinnvolle Frage einfallen, die ihnen WIGG hätte beantworten können. Daher stellte Fidster eine weniger sinnvolle.
„Kannst du mir sagen, WIGG, wie das Flugzeug gegen Wasser imprägniert wurde?“
„Aber nur zu gerne! Die Außenhaut ist vollständig mit fünf Lagen Schneckenschleim bedeckt. Das gibt dem Flugzeug auch eine stabile Form. Kann ich ihnen sonst noch helfen?“
„Sie haben tatsächlich die alten Techniken verwendet, von denen ich während meines Studiums gehört habe.“ Fidster klang fast begeistert. „Was ist, wenn ich auf Toilette muss?“
„Dafür finden sie in der Ecke zu ihrer Rechten eine Nische mit einem entsprechenden Auffangbecken, welches jegliche Flüssigkeit aus dem Schiff entsorgt.“
„Was bedeutet das? Wie wird es entsorgt?“
„Flüssigkeiten und Abfälle, die nicht mehr an Bord benötigt werden, werden auf die schnellste und vorzüglichste Art über Rohrsysteme aus dem Schiff geleitet.“
„Heißt das …?“ setzte Cleene an und endete mit einen „ugh!“
In diesem Moment wurde die Tür zu ihrem Gefängnis geöffnet und zwei Männer traten ein. Au begann sofort zu kichern, versuchte es aber hinter ihren Händen zu verbergen. Die beiden trugen Lederkappen, die mit Riemen unter dem Kinn festgeschnürt waren. Ihre großen Brillen waren auf die Stirn geschoben. Auch ansonsten folgte ihre Uniform dem Stil eines Piloten, bestehend aus eben dieser Kappe, einer gefütterten Jacke mit weitem Kragen, hohen, glänzenden Stiefeln und einer engen Hose. Nur der breite Gürtel, der die Taillen der Männer zusammenschnürte, ruinierte das Bild. Und als sie sich umdrehten, begriffen die anderen, warum Au ihre Heiterkeit nicht mehr verbergen konnte. Die Gürtel waren die Halterung für kleine Propellermotoren, mit Rotorblättern nicht länger als eine Hand. Es sah erstaunlich lächerlich aus.
Nachdem die Erheiterung endlich abgeebbt war, war es wenig überraschend, dass ihre Eskorte jegliches Feingefühl vermissen ließ, während sie sie zur Brücke geleitete. Fidster sah sich immer wieder um und streckte seine Hand aus, um das Papier zu berühren, bekam jedoch jedes Mal einen Schlag mit einer Reitgerte auf den Arm, weswegen er es schließlich aufgab.
Auf den ersten Blick war die Brücke nichts Besonderes. Ein Fenster aus klarem Papier gewährte all jenen Ausblick auf die Welt, deren Papierstühle nach vorne zeigten. Ein paar Konsolen an den Wänden wurden von weiteren Männern in Pilotenkleidung bemannt, während die Steuer im Zentrum des Raums standen.
Spätestens in diesem Moment begriffen die meisten, dass nicht alles so normal war, wie sie zuerst gedacht hatten. Denn an den beiden Steuerpulten standen die beiden Kommandanten, identisch gekleidet, auch wenn der eine etwas kleiner war. Sie beachteten die Neuankömmlinge jedoch nicht, bis der eine Wächter sich vor ihnen aufstellte und Meldung erstattete:
„Kommandantin Erberg, Kommandant Erberg. Vier Gefangene wie befohlen zur Brücke gebracht.“
„Rühr dich!“ brüllten beide Kommandanten unisono und drehten sich gemeinsam um. Sie machten ein paar Schritte von ihren Steuern weg, um die vier Pylonisten besser begutachten zu können. Was dabei neben ihren geringschätzigen Blicken am meisten auffiel, waren die Plaketten an ihren Steuerrädern, die in von Blümchen umrankter, kunstvoll geschwungener Schrift „Seins“ und „Ihrs“ festlegten. Namenschilder an ihren Uniformjacken identifizierten ihn als Karl und sie als Emilie.
„Wir würden sie auf der Brücke willkommen heißen …“
„… wenn sie hier willkommen wären. Wir sind beide der …“
„… Meinung ….“
„… ja, dass sind wir …“
„… dass es besser wäre sie über Bord zu werfen, damit ihr verräterisches Handeln ein Ende ..“
„… hat. Aber wir sind treue Diener des Großen Grinsens, deswegen werden wir sie …“
„… Pflichtgemäß abliefern, ohne dass ihnen ein Haar gekrümmt werden soll.“
Es war nicht ganz einfach dieser Erläuterung zu folgen. Da ihnen aber gleich darauf mit einer gemeinsamen Handbewegung der Weg zurück in ihre Zelle gewiesen wurde, hatten sie genügend Zeit, sich über ihre Gastgeber zu unterhalten.
„Die sind ja wohl vollständig minderbemittelt.“
„BSV?“
„Ich glaube nicht. Ich würde eher Cleene zustimmen. Anders lässt sich das Schild an den Steuern nicht erklären.“
„Vielleicht sind sie aber auch Zwillinge?“ wand Cleene ein.
„Zweieiig? Möglich. Das erklärt trotzdem nicht …“
„Nichts kann das erklären. Ich meine, bei Handtüchern, gut; Wachlappen, absolut. Aber bei Steuerrädern? Die werden sich doch wohl merken können, auf welcher Seite sie stehen.“
„Beruhigen sie sich, Herr Fidster. Es ist doch nicht so wichtig.“
„Du hast ja Recht, Au. Es ist nur, dass meine Eltern genauso bekloppt sind. Und sie halten es für ‚ach-so-romantisch‘.“ Fidster deutete die Anführungszeichen mit den Fingern an. Wie alle anderen auf dem Flugzeug fand er diese Geste affig, sein Zorn ließ ihn jedoch für einen Moment seine Manieren verlieren. „Ich habe sie mehrfach dabei erwischt, wie sie vor ihren Handtuchhaltern standen, die Schilder ansahen und sich anlächelten. Selbst meinen Geschwistern war das suspekt und die sind mit Begeisterung Scheidungsanwälte und Psychotherapeuten für Scheidungsanwälte, verarmte Börsenmakler und Kindergärtner geworden.“
Bei der Erwähnung dieser Berufe wurde eine Menge Luft entsetzt eingesogen.
„Da hast du definitiv den ungefährlichsten Job gewählt“, stellte der Professor fest und fügte mit einem Kopfschütteln hinzu: „Ich habe einige Kindergärtner kennen gelernt.“
„Können wir jetzt vielleicht mal auf das Problem zurückkommen?“
„Welches Problem?“
„Wir sind hier gefangen und treffen bald auf meine Schwester?“
„Das ist doch kein Problem.“
„Nicht?“
„Nein. Hast du nicht auf Fidsters Fragen geachtet?“
„Doch. Und es ist zum übergeben, dass er sich selbst jetzt noch für Papierfalten begeistern kann.“
„Es ging doch nicht um das Falten. Es ging um die Beschichtung.“
„Was nützt uns die Beschichtung?“
„Wenn ihr euch alle kurz mal umdreht, demonstriere ich es.“ Cleene drehte sich sofort um, der Professor tat es ihr mit einem Lächeln nach. Nur Au musste erst mit sanftem Druck in Bewegung versetzt werden, weil sie Fidster noch zusehen wollte, wie er seinen Hosenlatz öffnete.
Wenig später war ein Geräusch von Wasser zu hören, das in einem Strahl auf Papier traf, welches sich langsam auflöste.
„Ihr könnt euch wieder umdrehen.“
Nicht ohne Begeisterung sah Cleene ein Loch mit gelben Rand neben ihrem Kollegen, groß genug, dass sich jemand hindurchzwängen konnte.
„Na, dann man los.“ Sie machte bereits einen Schritt auf das Loch zu, als der Professor sie an der Schulter packte.
„Ganz so einfach ist es nicht. Zum ersten haben wir kaum genug Wasser, um uns zur Außenhülle durchzunässen. Zum anderen können wir damit die Außenhülle auch nicht durchdringen. Der gehärtete Schneckenschleim dürfte selbst für deine Fäuste zu resistent sein. Wichtiger ist jedoch, dass wir uns in der Luft befinden und keine Möglichkeit besitzen, auf die Erde zu gelangen, ohne uns ernsthaft dabei zu verletzen.“
„Wir bräuchten ihre komischen Propeller.“
„Möchtest du sie ohne Waffen Angreifen?“
„Natürlich nicht.“
„Wenn wir doch nur eine Waffe hätten“, bemerkte der Professor mit einem Blick auf Au. Die Haartanerin sah verschämt zu Boden und flüsterte etwas, dass keiner verstehen konnte.
„Was hast du gesagt?“
„Ich glaube, dass sie möchte, dass wir uns umdrehen.“
Wenig später hielt Au den kleinen Klöppel in der Hand. Seltsamerweise war keiner begierig darauf, in Erfahrung zu bringen, wo sie ihn herbekommen hatte.
„Und was jetzt?“
„Wir verstecken uns, machen Au wütend und holen uns die nötige Ausrüstung, bevor wir das Schiff verlassen.“
Als das Frühstück gebracht wurde begrüßte WIGG die beiden Männer mit einem fröhlichen „Guten Morgen! Wie haben sie geschlafen?“. Sie sahen sich um und als sie das Loch im Boden bemerkten, ließen sie die Tabletts fallen und zogen ihre Waffen. Einer beugte sich vorsichtig über die Öffnung im Boden und warf einen Blick hinein.
„Wenn ich behilflich sein kann, die werten Herren“, zwitscherte WIGG, „aber die Gefangenen sind nicht in das Loch gekrochen.“ Beide Männer wandten sich dem Gesicht aus Papier zu.
„Was soll das heißen?“
Aus der Kammer war ein lautes „Sie Bastard“ zu hören, gefolgt von „Bei der Macht von Klaatu Barada Nikto!“
„Das es eine Ablenkung war.“ WIGG sang diese Worte fast, so begeistert war sie, dass gleich etwas passieren würde.
Dann sprang die Tür auf.
Verwendete Tropen:
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