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7. Kapitel

Eine eingesperrte Seele übersteht jeden Unglückstag, garantiert jedoch keinen guten Charakter oder dass man einen Namen ohne weiteres Aussprechen darf.

 

Es klopfte am Haupteingang des Einsatzwagen. Man konnte nicht abstreiten, dass es ein heftiges Klopfen war, dennoch unterschied es sich angenehm von dem Hämmern der Krabbenzangen, welches die drei Bewohner den ganzen vorherigen Tag über sich hatten ergehen lassen müssen.

Fidster schreckte als erster hoch.

Ein weiteres Mal klopfte es und die anderen beiden begannen sich zu regen.

„Wer ist da?“ rief Fidster. Es entsprach nicht dem Protokoll, aber die letzte Erfahrung mit jemandem, der an die Tür geklopft hatte, ermutigte ihn nicht gerade, dem Protokoll zu folgen.

„Hauptpylonist Simca Rumas. Öffnet endlich die Tür, damit wir an die Arbeit gehen können.“

„Komme ja schon“, lallte Fidster, während er sich zum Eingang aufmachte und dabei seine Hose hochzog. Er wurde jedoch noch vom Professor überholt. Normalerweise stieg der schlaksige Mann nicht einmal aus dem Bett, bevor Au den Kaffee bereitet, noch zeigte er sich der Außenwelt, bevor er eine Hose trug oder seine Haare unter Kontrolle gebracht hatte. Sein Gesichtsausdruck verriet jedoch genug, um jeden davon abzubringen, seine Panik in Frage zu stellen.

„Herr Hauptpylonist. Verzeiht die Verzögerung. Wir hatten eine lange Nacht. Eine Riesenkrabbenattacke. Wir sind noch nicht dazu gekommen, die Schäden zu begutachten.“

„Jaja. Andere haben auch lange Nächte und machen trotzdem ihre Arbeit. Wo ist der zweite Mann? Wir haben viel Arbeit zu erledigen.“

Fidster hatte damit gerechnet, dass der Mann wenigstens für einen Moment hereinkommen würde. Immerhin musste er eine lange Reise hinter sich haben. Als er jedoch einen Blick am Professor vorbei erhaschte, sah er, dass Simca Rumas in einem Rollstuhl saß. Es handelte sich offensichtlich um ein geländegängiges Modell, vielleicht sogar mit einem Pylonenantrieb, aber trotzdem war es ein Rollstuhl.

„Dann hat das ÖfAFödaBI meine Nachricht also erhalten.“

„Natürlich. Was denken sie denn? Ich habe auch Ersatz für ihre Meißel mitgebracht.“ Simca deutete hinter sich, wo in einem Anbau an seinem Rollstuhl eine Kiste verstaut war. Damit lenkte er unbewusst die Augen seiner Gegenüber auf seine Hand, die nur noch aus dem Skelett zu bestehen schien.

„Sobald mein Gepäck ausgeladen ist, werden wir aufbrechen. Wo ist jetzt der zweite Mann?“

„Entschuldigung Herr Rumas …“

„Hauptpylonist Rumas! Ich installiere nicht seit 27 Jahren Pylonen, um mit einem Herr abgespeist zu werden.“

„Entschuldigung nochmal, Hauptpylonist Rumas. Ich bin der zweite Mann. Mein Name ist Fidster und ich …“

„Nur Fidster? Keine Familie gehabt?“

„Das ist mein Name.“

Rumas sah ihn scharf an. „Jetzt weiß ich, wer du bist. Ich hätte mir zwar jemand erfahreneren gewünscht, aber du wirst ausreichen müssen.“

„Hauptpylonist Rumas, ich muss darauf bestehen, dass wir zuerst unsere Bereitschaft wieder herstellen.“ Die Stimme des Professors klang ungewohnt unterwürfig.

„Ihr habt Zeit, bis mein Geländetransporter umgebaut ist, länger nicht.“

Also räumte Fidster zuerst die Kiste aus und steckte beide Meißel in seinen Rucksack. Anschließend half er dem Professor, die Aufbauten zu kontrollieren, die Perimeterverteidigung abzuschalten und ein wenig aufzuräumen. Au, der eigentlich die Aufgabe zugefallen wäre, im inneren für Ordnung zu sorgen, stellte sich stattdessen dem Neuankömmling vor, der sie aber kaum beachtete. Daher baute sie den Tisch vor dem Wagen auf.

„Soll ich ihnen die Karten legen, Hauptpylonist Rumas?“ Zuerst begriff Fidster nicht, was sie damit bezweckte, ahnte aber bald, dass der Professor ihr aufgetragen haben musste, ihnen ein wenig mehr Zeit zu verschaffen. Allerdings reagierte Rumas nur mit einem Grunzen. Er wendete sich nicht einmal der jungen Haartanerin zu.

„Sehen sie? Ich habe meinen eigenen Satz gestaltet.“ Aus Hartnäckigkeit war beachtenswert. Allerdings machte Rumas mit seiner nächsten Aktion mehr als deutlich, was er davon hielt, die Karten gelegt zu bekommen. Er drückte auf einen Knopf an seiner Stuhllehne und eine längliche Apparatur fuhr aus einem Behältnis hinter ihm heraus, klappte seine Spitze um, feuerte einen Strahl ab und verschwand wieder dort, wo sie hergekommen war. Zurück blieb Au mit einem brennenden Stapel Karten in der Hand hielt, den sie sofort fallen ließ.

Alle Arbeit am Wagen war sofort vergessen. Rumas werkelte jedoch weiter, als hätte er nicht gerade einen Hreifwerfer aus seinem Rollstuhl fahren lassen, um einem gutmütigen Mädchen ihr Spielzeug aus der Hand zu schießen.

Fast zu spät stürzten der Professor und Fidster zu ihrer Kollegin, deren Haarfarbe sich bereits Lila einfärbte.

 

Von da an wurde Fidsters Tag nur noch schlechter. Hatte er zuerst noch gedacht, der Mann im Rollstuhl wäre einfach nur ein Arschloch, stellte sich bald heraus, dass er auch noch ein geschwätziges Arschloch war.

„Ihr Anfänger wisst ja gar nicht mehr, wie schwer es war, die ersten Pylonen zu verlegen. Riesenkrabben! Ha! Wir wären froh gewesen, wenn es nur Riesenkrabben gewesen wären.“ Simca hielt seinen Rollstuhl an und drehte sich zu Fidster um, der dadurch die Gelegenheit erhielt, aufzuholen. Wäre Fidster nicht so außer Atem gewesen, er hätte schon lange seine Bezeichnung für den Hauptpylonisten auf schnelles, geschwätziges Arschloch erweitert. Dieser verdammte magische Rollstuhl war ein Rennwagen und es kümmerte seinen Fahrer nicht, ob sein Kollege mithalten konnte oder nicht. Wobei das nicht stimmte, wenn Fidster genauer darüber nachdachte: Es kümmerte ihn immer dann, wenn er darin eine Gelegenheit erblickte, ein weiteres Mal den jüngeren zu erniedrigen.

„Ich weiß es noch genau, als wäre es gestern geschehen. Den“, Simca deutete mit seiner Skelethand auf den linken Arm, der sich nie bewegte, „hat mir ein Sandwurm abgebissen. Er hätte bestimmt noch mehr genommen, wenn ich ihm nicht mein Kurzschwert auf die Schnauze gehauen hätte.“ Fidster nickte nur, während er erstaunt die Sonnenspiegelung auf der Skelethand beobachtete. Erst in diesem Moment begriff er, dass es sich um eine mechanische Prothese und nicht um eine nekromantische Schöpfung handelte. „So ein Erlebnis vergisst man nicht so leicht. Ich weiß sogar noch genau das Datum. Es war der dreizehnte Mai. Ich feiere ihn jedes Jahr.“ Diesmal war Fidster gerade beim Luftholen, als er nickte.

„Außer Atem? Jaja. Die Polynisten heutzutage verdienen gar nicht mehr diese Bezeichnung. Ihr seid alles verweichlichte Jammerlappen.“ Simca ersparte seinem atemlosen Gefährten ein weiteres Nicken, indem er sich wieder umdrehte und seinen Weg fortsetzte.

Wenig später erreichten sie eine Stelle, die der Hauptpylonist als geeigneten Platz für die nächste Pylone ausgemacht hatte. Fidster hätte ihn gerne darauf hingewiesen, dass sie noch gut eine Meile hätten weitergehen können, da die neueren Pylonen eine größere Reichweite besaßen als diejenigen, die der Mann im Rollstuhl zu kennen schien. Es gab jedoch mehrere gute Gründe, dies nicht zu tun. Der erste war sicherlich, dass Simca ihn nur erneut wegen seiner Unfähigkeit gescholten hätte. Als weiteren Grund hätte Fidster anschließend angeführt, dass er kaum genug Luft bekam, um schweigend zu hecheln. Der wichtigste war aber mit Sicherheit, dass Simca ihn nicht zu Wort kommen ließ. Nachdem er erst einmal damit begonnen hatte, von seinen übermäßig unerfreulichen Begegnungen mit den verschiedensten Formen von Flora und Fauna zu erzählen, war ein Damm gebrochen, und er hatte selbst die Pausen, die er zuvor in seinen Beschimpfungen gelassen hatte, mit Worten gefüllt.

Inzwischen hatte sich Fidster in aller Ausführlichkeit anhören müssen, wie dem Mann vor ihm der Arm aus der Schulter gerissen worden war (inklusive einer Beschreibung der Sabberfäden des Wurms und der Fetzen, die man ihm anschließend hatte wegoperieren müssen), wie ihm ein hungriger Kavernenbär (ein größerer Verwandter des Höhlenbär) den Unterarm abgebissen hatte („eine ganz sauberer Sache, während meiner Jahresfeier zum Armverlust.“), wie ihm das linke Bein von zwei Schnapplilien abgebissen worden war (auf den Tag genau siebzehn Monate nach der Hand), gefolgt von dem rechten Bein, welches zwei Jahre und drei Monate später bei einem Unfall mit seinem ersten Rollstuhl zermalmt worden war.

„Und, man fasst es nicht, kaum war ich wieder unterwegs, sprang mich in Acidien einer dieser Säureseeotter an. Mitten ins Gesicht. Die Rekonstruktionsthaumaturgen haben ganze Arbeit geleistet, aber selbst meine Mutter würde mich heute nicht wiedererkennen“, und unter einem grässlichen Lachen nahm er sich die Nase ab. Fidster musste sich abwenden, um seinen Würgereflex in den Griff zu bekommen. Natürlich hatte er bemerkt, dass mit dem Gesicht des Hauptpylonisten nicht alles in Ordnung war. Aber ein paar Narben blieben natürlich nicht aus, wenn man lange im Feld arbeitete. Außerdem hatte er bei den vielen fehlenden Körperteilen einfach angenommen, dass das Gesicht selbstverständlich auch etwas abbekommen hatte. Es gab jedoch Grenzen dessen, was er sehen wollte.

Als es für eine erstaunlich lange Zeit still hinter ihm blieb, drehte er sich vorsichtig wieder um. Simca Rumas hatte sich dankenswerterweise die Nase wieder ins Gesicht gesteckt und betrachtete ihn nun mit einer Mischung aus Mitleid und Abscheu. „Junge, unerfahrene Hüpfer. Ihr alle! Wie ihr so lange überleben konntet, wird mir immer ein Rätsel bleiben.“

Der letzte Satz ließ Fidster stocken. Er wusste sehr genau, wie sie überlebt hatten: mit der richtigen Ausrüstung, Vorsicht, einigen guten Einfällen und vor allem viel Glück. Aber wie überlebte man so viele verheerende Verstümmelungen? Und dieses Mal war seine Neugier größer als die Atemnot, der Respekt, die Angst vor der nächsten Schelte und das Erbrochene in seiner Kehle. Er stellte die Frage, auch wenn sie nicht ganz so flüssig herauskam, wie er sie gedacht hatte: „Aber … gmr … wie überlebt … pfff …man so viele verheerende … aech … Verstüm- … ph … melungen?“

„Du hast ja deine Stimme wiedergefunden. Gut! Du bist also kein ganz so großer Versager, wie ich gedacht habe.“ Schneller als Fidster lieb war, rollte der Hauptpylonist auf ihn zu und bohrte ihm einen Metallfinger in die Brust.

„Aber vermutlich ist es nicht mal eure Schuld. Ihr werden nicht mehr richtig ausgebildet. Ich wette, du hast noch nicht einmal den Zusatzvertrag vorgelegt bekommen.“

Fidster wurde hellhörig. Da war was gewesen mit ein paar Blättern mehr, die er hätte unterschreiben können. Er hatte nur einen Blick darauf geworfen und war nach der ersten Begeisterung über körperliche Rekonstruktion auf das Wort „Geisterbeschwörung“ gestoßen. Damit war für ihn die Sache gegessen gewesen und niemand hatte ihn jemals wieder darauf angesprochen, bis jetzt.

„Die Zettel mit den ganzen magischen Prozeduren, denen man zustimmen musste?“

„Ah! Hast ihn also doch gesehen. Hast du ihn auch ganz gelesen?“

„Nur überflogen. Nach dem ersten Absatz war mir klar, dass ich das nicht unterschreiben wollte.“

„Zu meiner Zeit hatten wir keine Wahl. Die Klauseln zum magischen Vorbehalt waren fester Bestandteil aller Verträge. Aber ich will mich nicht beschweren. Ohne Abschnitt 23 würde ich nicht mehr leben. Ha! Das ist natürlich Unsinn. Besser wäre wohl: Ohne Abschnitt 23 wäre ich jetzt nicht am Leben.“

„Also hat sie einer dieser Eingriffe gerettet.“

„Und tut es immer noch, mein Junge. Zuerst hatte ich Bedenken gegen diese Prozedur und ich gestehe, dass ich nicht ganz wusste, worauf ich mich einließ, als ich mein ‚Simca Rumas‘ unter den Vertrag setzte. Es war auch reichlich schmerzhaft, das kann ich dir sagen. Aber am Ende hat es sich bezahlt gemacht. Denn du hast natürlich Recht, dass ein Körper solche Verwundungen, wie ich sie erfahren habe, nicht immer wieder überstehen kann.“

Und auf einmal schwieg Simca. Seit drei Stunden hatte er den Mund nicht zubekommen und jetzt, da Fidster endlich etwas erfahren wollte, schwieg er. Und der Jüngere wusste, warum er es tat. Er konnte es in den Augen sehen, die vermutlich nicht mehr seine ursprünglichen waren. Rosa war einfach nicht seine Farbe.

Simca machte sich einen Spaß daraus, seinen Gefährten zu quälen. Und weil Fidster dies wusste, war die Qual gleich doppelt so groß, auch weil er ihn eigentlich nicht ermutigen wollte, weiterzureden, andererseits aber auch wissen musste, was Abschnitt 23 nun besagte.

„Na gut! Ich geb‘ mich geschlagen“, gab Fidster sich geschlagen. „Was besagt Abschnitt 23?“

Simca grinste, wobei man seine schneeweißen Zähne sehen konnte. Für Fidster bestand kein Zweifel, dass es sich um ein Gebiss handelte.

„Abschnitt 23. Ja, Abschnitt 23 ist der Brüller, wenn man nicht sterben will. Die ÖfAFödaBI extrahiert deine Seele und schließt sie in einen Behälter ein. Egal was anschließend mit deinem Körper geschieht, du stirbst nicht. So einfach ist das. Man bescheißt den Gevatter, denn wenn er mit seiner Sense vorbeikommt, ist nichts da, was er abholen könnte.“

„Ich wusste nicht, dass das erlaubt ist.“

„Seit wann fragt die ÖfAFödaBI nach einer Erlaubnis?“

Darauf gab es keine kluge Antwort. Fidster konnte sich nichts vorstellen, was dem Amt verwehrt worden wäre, wenn es tatsächlich darauf bestanden hätte. Jeder wusste, dass der Rat sich vollständig von dieser mächtigen Organisation abhängig gemacht hatte, als er ihr den Aufbau der Pylonennetze anvertraut hatte. Zu viel hing von dieser Infrastruktur ab, als dass die Magier seiner Heimat auch nur gewagt hätten, der ÖfAFödaBI fesseln anzulegen.

„Aber warum sind die Klauseln jetzt kein fester Vertragsbestandteil mehr?“

„Ja. Das musst du die Jungs von der Verwaltung fragen. Irgendwann haben sie es einfach rausgenommen. Meine Vermutung ist ja, dass es mit dem, über den wir nicht sprechen, zu tun hat.“

„Mit wem?“

„Na, du weißt schon, der, der nicht genannt wird.“

„Nein, keine Ahnung.“

„Was lernt ihr heutzutage eigentlich noch. Derjenige, der die Krise ausgelöst hat.“

„Entschuldigen Sie, Hauptpylonist Rumas, aber wovon sprechen sie.“

„Du weißt auch nichts von der Krise?“

„Nicht unter diesem Namen.“

„Unter welchem Namen sollte man sie denn sonst kennen?“

„Ich weiß es doch auch nicht. Was ist denn damals passiert?“

„Das hat doch jeder mitbekommen. Als ein Virus das Pylonennetz befallen hatte? Als die das Hauptgebäude der ÖfAFödaBI fast zerstört wurde? Als der Rat aufgelöst werden musste?“

„Wann war das?“

„Ich kann es einfach nicht glauben. Natürlich kurz bevor sich der Hauptturm aufgelöst hat.“

„Welcher Hauptturm?“

„Wo warst du denn die letzten 15 Jahre?“

„Hauptsächlich an Universitäten und im Außendienst.“

„Das Blubbern der Hauptpylone hast du dann natürlich auch nicht mitbekommen.“

„Ach das Blubbern? Doch das hab ich gehört. Klang sehr melodiös. Es hieß, das der Amtszauberer Zwackelmann dafür verantwortlich war.“

„Pss, nicht so laut.“

„Was?“

„Den Namen.“

„Zwackelmann? Wieso? Er hat bei miir damals die magische Hauptuntersuchung vorgenommen. Kann mich noch gut an ihn erinnern. Sehr freundlicher Typ. Und dieser Bart! Genau wie man sich einen Zauberer vorstellt  Sogar mit spitzem Hut. Sieht man heute gar nicht mehr.“

„Schon wieder! Er ist der Zauberer, dessen Name nicht mehr genannt werden darf.“

„Mist. Wieviel kostet das?“

„Wieviel das kostet? Darum geht es doch gar nicht. Sein Name könnte nur dazu führen, dass er plötzlich auftaucht. Namen haben Macht.“

„Also ist es keine ÖfAFödaBI-Regel?“

„Nein, warum sollte das ÖfAFödaBI dafür eine Regel aufstellen?“

„Na weil … ach, auch egal. Aber warum sollte er bei der Nennung seines Namens plötzlich auftauchen? Er hat doch sicher andere Probleme. Oder hat er sich in einen Dämonen verwandelt und sein Name fungiert jetzt als Beschwörungsformel?“

„Du junger Banause. Er ist ein mächtiger Magier und bei denen weiß man nie, was bei ihnen möglich ist.“

„Es ist also nur eine Vermutung? Ich glaube nicht, dass Magie so funktioniert.“

„Was weißt du denn schon von Magie?“

„Naja, ich habe ein Semester Magietheorie studiert.“

„Ha, ein Semester.“

Mehr sagte Simca jedoch nicht. Anscheinend war er eingeschnappt, aber genau konnte Fidster es weder in dem zerschundenen Körper noch in dem maskenhaften Gesicht erkennen.

 

Die beiden Pylonisten kehrten erst spät zurück. Es war noch nicht dunkel, aber die Sonne hatte bereits ihren Endspurt zum Horizont angetreten. Fidster war vollkommen erschöpft, sein Rücken tat weh und seine Beine fühlten sich eher wie eine Masse mit Gelatine angedickten Wassers an als wie eine Mischung aus stabilen kalziumhaltigen Streben und fleischigen Bewegungsverbindungen.

Der Einsatzwagen war weitgehen wieder in dem Zustand den er am Vorabend gehabt hatte, bevor die Krabbenklauen ihre Spuren hinterlassen hatten. Der Reparaturmeißel hatte ganze Arbeit geleistet und Fidster hätte sich gut vorstellen können, wie sich die Arme desjenigen anfühlten, der das Gerät hatte halten müssen. Allerdings fehlte ihm zu diesem Zeitpunkt jegliche Vorstellungskraft.

Er ließ sich auf einen der Klappstühle fallen, der verdächtig unter ihm knatschte. Natürlich kümmerten sich seine Kollegen zuerst um den Hauptpylonisten, der jedoch nur ein paar schroffe Anweisungen erteilte. Schließlich brachte ihm Au ein Glas Wasser, das sich Fidster über den Kopf schüttete.

„Was ist passiert, Herr Fidster?“ flüsterte Au ihm ins Ohr.

„Der Rollstuhl ist so schnell. Ich bin den ganzen Tag hinter ihm hergerannt.“

„Oh, sie ärmster.“

„Das war aber nicht einmal das Schlimmste. Meine Beine würden mir zwar gerne widersprechen, aber meine Ohren brennen immer noch von dem ganzen Kram, den ich heute hören musste.“

„War es so schlimm?“

„Du machst dir keine Vorstellung. Alleine seine Verwundungen könnten ein ganzes Buch füllen. Und dabei hätte ich über einige von ihnen wirklich gerne weniger erfahren. Außerdem ist er in irgendeiner anderen Zeit hängen geblieben.“

„Wie meinen sie das? Er wirkt nicht, als litte er unter einer temporalen Anomalie.“

„Nein, ich meinte mit seinem Kopf.“

„Auch da kann ich keine Verzerrung feststellen.“

„Ach Au, mit seinen Gedanken“, setzte Fidster ein weiteres Mal an, hob aber schnell die Hand, als Au erneut einen kritischen Blick in Richtung ihres Neuzugangs warf. „Nein, er leidet auch nicht unter einem temporal versetzten Gedächtnis. Ich meine, dass er von der modernen Arbeit mit Pylonen keine Ahnung hat und immer nur den veralteten Kram machen will. Und dass er mehr über die Zeit vor meiner Geburt zu wissen scheint als von dem, was derzeit in der Welt geschieht.“

Fidster schwieg, aber Aus fragenden Augen ließen keinen Zweifel daran, dass sie wusste, dass ihn noch mehr umtrieb.

„Außerdem glaube ich, dass er den Professor kennt.“

„Wie kommen sie darauf, Herr Fidster?“

„Er hat so Andeutungen gemacht. Immer wenn er ‚Professor‘ sagt, klingt er, als wenn er den Begriff nicht ernst nehmen würde. Und als es darum ging, dass ich noch einen Bericht abgeben müsste, hat er nur irgendwas gegrummelt. Aber ich glaube, er hat gesagt, dass der ‚Professor‘ schon immer gerne berichtet hätte. Habt ihr heute über den Hauptpylonisten gesprochen?“

„Wenn sie so danach fragen, eigentlich nicht richtig. Ich habe den Professor gefragt, ob er etwas über Herrn Rumas wüste. Er hat mir jedoch nur gesagt, dass er einen Ruf hätte, kein angenehmer Mensch zu sein.“

„Das hat der Professor gesagt?“

Aus Röte verriet ihm genug, um zu wissen, dass der Professor wahrscheinlich eher gesagt hatte, dass Simca Rumas ein ausgesprochenes Ekel sei, mit dem niemand zusammenarbeiten wolle. Zumindest verleitete ihn seine bisherige Erfahrung zu dieser Annahme.

„Ich glaube, da steckt mehr dahinter. Ich würde zu gerne mehr über diesen wahnsinnigen Rollstuhlfahrer erfahren. Meinst du, Au, du könntest den Professor ein wenig aushorchen?“

Es war erstaunlich, wie schnell das Blut im Körper der jungen Haartanerin zirkulierte. Eben war sie noch puterrot gewesen, schon war sie bleich wie eine Schäfchenwolke. Trotzdem nickte sie eifrig.

 

 

Verwendete Tropen:

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Abgelehnter Tropus:

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