Das gute Aussehen einer Chefin hat wenig mit den Abzweigungen zu tun, die eine Geschichte nehmen kann, vor allem, wenn Masken und Fliegen eine Rolle spielen.
Seitdem Ekchua bei den Kakaorianern diente, stand er morgens voller Elan auf, wusch sich, nahm fröhlich sein Frühstück zu sich und schlüpfte voller Stolz in die Rüstung, die er jeden Abend putzte und polierte. Alle wussten, welche Ehre es war, in der persönlichen Garde des Großen Grinsens zu dienen. Niemand, vielleicht mit Ausnahme ihrer Masseure, ihres persönlichen Trainers, ihrer Magd, ihrer Bettwärmer, des Beraters und des Küchenpersonals, stand ihr näher. Jeder von ihnen würde bereitwillig sein Leben für ihre visionäre Anführerin geben, um dabei behilflich sein zu können, das große Ziel zu erreichen. Zwar war keinem von ihren so ganz klar, was dieses Ziel genau war, aber es hatte irgendetwas mit der Eroberung aller Welten zu tun, und was konnte man mehr von seinem Boss erwarten?
Ekchua fand sich pünktlich um 6:16 Uhr am Wachposten vor der Kartoffelpüreezelle ein, wo die vier Gefangenen untergebracht waren. Sie hatten einiges über diese Leute gehört, die sich gegen ihre Chefin verschworen hatten. Es gingen Gerüchte um, dass es sich bei dem einen um einen ehemaligen Gefolgsmann handeln sollte und dass die Frau die Schwester des Großen Grinsens sei. Als er sie kurz gesehen hatte, war ihm keine Ähnlichkeit aufgefallen, da vor allem der Mund viel kleiner war. Er würde aber heute einen weiteren Blick wagen, denn dies war der Tag, an dem endlich der große Plan in die Tat umgesetzt werden sollte, und nach allem, was man ihnen gesagt hatte, würde dabei etwas mit den vieren geschehen. Vermutlich würde es für sie wenig erfreulich und insgesamt erschreckend und unappetitlich sein, aber es war immer aufregend, wenn das Große Grinsen ihre Arbeit ausübte.
Zur Wachablösung nickte er kurz Concha zu, dessen Posten er damit übernahm. Sie hatten am Vorabend geknobelt, wer diese Wache übernehmen würde, und Ekchua hatte gewonnen. Er würde mit seiner Abteilung die Gefangenen begleiten und sie wären diejenigen, die dabei waren, wenn das geschah, auf das sie alle gewartet hatten, nicht Concha und seine Leute.
Ekchua grinste zufrieden unter seinem Helm, disziplinierte sich dann aber, denn er hatte eine Aufgabe zu erfüllen.
Zwei Stunden später erhielt er endlich das Signal. Seine Jungs holten die vier Gefangenen heraus und sie machten sich auf den Weg in die Blumenkohlhalle (sie hieß so, weil eigenwillige Knubbel die Decke verzierten und die untere Hälfte der Wände grün gestrichen war). Dort erwarteten sie bereits vier Liegen, das modernste, was für die Arbeiten an Opfern zu bekommen war: Höhenverstellbar, kippbar in alle Richtungen, mit Gurten für Füße, Hände, die Knie, Ellbogen, Kopf und Hals, Ablagen für die Extremitäten, die sich einzeln verstellen ließen, Anschlüssen für verschiedene Energieformen, die man den angeschnallten durch den Körper leiten konnte, Ablaufrinnen für Blut und natürlich feststellbaren Rollen, um den Gefangenen an einen beliebigen Ort bringen zu können, ohne ihn wieder abschnellen zu müssen. Die Kakaorianer benutzten sie manchmal für Rennen, wenn das Große Grinsen mal wieder auf einer ihrer Reisen war.
Als Ekchua die Schwester seiner Chefin an die Liege band, versuchte er sich von der Familienzusammengehörigkeit zu überzeugen, konnte aber er keine große Ähnlichkeit erkennen. Vor allem fehlte der Frau all die Eleganz und Schönheit, die er in seiner Chefin bewunderte. Stattdessen war sie schmutzig, verhärmt und alles in allem einfach unansehnlich.
Außerdem keifte sie und versuchte um sich zu schlagen. Der einzige Grund, warum es ihr beinahe gelang, sich aus dem Griff seiner Leute zu befreien, war das Lachen, welches sie kaum Unterdrücken konnten, weil die Frau nicht in der Lage war, einen einzigen vernünftigen Fluch hervorzubringen.
Wer beschimpfte seine Wächter als „pflichtbesessene Rüstungsträger“?
Konnte man so etwas überhaupt als Beschimpfung bezeichnen?
Allerdings war sie nicht so pathetisch wie der jüngere der beiden Männer, der ständig „Warum nur? Warum?“ schrie. Soweit Ekchua wusste, hatte das Große Grinsen ihnen doch alles erklärt. Als er auch nach mehreren freundlichen Aufforderungen nicht damit aufhören wollte, steckten sie ihm einen Knebel in den Mund.
Mit dem älteren Mann beschäftigte er sich etwas länger, denn er musste die Fliege bewundern, die der Mann sich aus einem Fetzen seines Gefangenenanzugs gebunden hatte. Fliegen hatten etwas vornehmes, selbst wenn sie in der gleichen Farbe waren, wie der Anzug und darüber hinaus der Hemdkragen fehlte, der ihnen das richtige Ambiente verlieh. Er bedauerte, dass die Rüstung der Kakaorianer kein solches Accessoire zuließ. Es wäre sehr cool gewesen. Ekchua unterhielt sich sogar kurz mit dem Mann darüber, wie er es hinbekommen hatte, sie sich anzufertigen, wo doch die Kleidung, aus der er den Streifen herausgerissen hatte, aus sehr weichem Stoff gearbeitet war.
Sobald alle vier auf den Liegen festgeschnallt waren, ging es beinahe enttäuschend schnell, auch wenn Ekchua es um nichts in der Welt verpasst hätte.
Zuerst wurde die Schwester ins Zentrum gerollt, wo sich ein hemdsärmeliger Mann mit zerzaustem Haar, einem struppigen Bart und einer fleckigen Latzhose neben sie stellte. Ein paar Bedienstete errichteten mit geübten Handgriffen ein Gerüst über der Gefesselten, hängten eine große Spiegellampe daran und verließen den Raum wieder. Der Bartträger holte einen Zauberstab aus der linken Beintasche, deutete damit auf die Lampe und murmelte ein paar Worte, die sich in die Ohren brannten, aber sofort ihre Spuren verwischten und letztlich nur ein Gefühl von Unbehagen bei dem Kakaorianer zurückließen.
Die Lampe begann in einem grellgrünen Licht zu leuchten und strahlte einen kräftigen Strahl auf die Frau. Sobald das Licht sie erreichte, bäumte sie sich auf und der Magier begann damit, um sie herumzuschreiten. Die Worte, die er dabei aussprach, weckten in Ekchua den Wunsch, sich die Ohren zu bedecken. Er beherrschte sich jedoch. Zum einen, weil es ihm während seines Wachdienstes nicht gestattet war, sich ohne Befehl oder Not zu bewegen, zum anderen, weil er genau wusste, dass es ihm nichts bringen würde. Die magische Sprache tat nur so, als würde sie den Weg über die Ohren nehmen, war aber nicht weniger unangenehm, wenn er sich Wachs in seine Gehörgänge stopfte.
Außerdem war das Ritual auch schnell vorüber und die ohnmächtige Frau wurde zu ihren Gefährten gerollt. Das Schauspiel war nicht unspektakulär gewesen, bewegte sich aber im Rahmen dessen, was die Kakaorianer regelmäßig zu Gesicht bekamen.
Was jetzt folgen sollte, war jedoch neu.
Er half dabei, die vier Liegen im Kreis anzuordnen. Jede wurde über ein Kabel mit den Geräten verbunden, die das Große Grinsen vor zwei Monaten hatte installieren lassen; vermutlich die Welteneroberungsmaschine – oder um was immer es an diesem Tag tatsächlich ging.
Als der Boss den großen, roten Knopf presste, geschah im ersten Moment nichts und die Kakaorianer warfen sich verstohlen unruhige Blicke zu. Aber das Große Grinsen grinste nur und hielt den Knopf weiter gedrückt. Endlich schlugen einige Pegel aus und mehrere Lämpchen begannen aufgeregt zu flackern.
Ein Blick zu den Gefangenen zeigte, dass der hagere Mann die Apparaturen neugierig betrachtete, bis er plötzlich zu zucken begann. Der Energiefluss hatte eingesetzt und schüttelte die vier durch, jeden in seinem eigenen Rhythmus. Dann begann der ganze Raum zu vibrieren und ihre Chefin hörte auf, zu grinsen. Sie begann zu lachen. Ekchua liebte die Art, wie sie lachte. Es war ein lautes, kraftvolles und böses Lachen, würdig einer megalomanischen Herrscherin über ein Verbrecherimperium mit einer Festung im Nirgendwo. Man wusste einfach, woran man mit ihr war.
Als nächstes begannen magische Blitze im Raum herumzuzucken. Forastero, einer seiner Leute, der den Liegen am nächsten stand, wurde getroffen. Für einen kurzen Augenblick konnte man das Skelett in seiner Rüstung erkenne, bevor er als Haufen Asche zu Erde fiel. Das war sehr unglücklich für Forastero, gab aber seinen Kampfgefährten die Gelegenheit, sich in Sicherheit zu bringen und, was noch wichtiger war, später ihren Erzählungen ein spannendes Detail hinzuzufügen.
Schließlich schossen sich die Blitze auf die Gefesselten ein, so dass man bald nur noch durchgängige Bahnen aus Magie sehen konnte, unter denen die vier sich wanden. Ihre Schreie wären unter anderen Bedingungen ohrenbetäubend gewesen, aber das Donnern der magischen Blitze übertönte alles mit Ausnahme des anhaltenden Lachens des großen Grinsens.
Ekchua warf vorsichtig einen Blick aus seiner Deckung und konnte gerade noch erkennen, wie sich die Körper der Gefangenen zuerst in Greise und dann in mit Haut überzogene Skelette verwandelten. Er zog sich wieder hinter die schützende Säule zurück und wartete das Ende des Vorgangs ab, ohne noch einmal einen Blick zu riskieren.
Wenig später war es wieder Still und das einzige Geräusch, das noch zu hören war, war ein Kichern aus der heiseren Kehle ihrer Chefin.
Der Rest war Aufräumen und Wachestehen, während das Große Grinsen die Ergebnisse prüfte und dabei sogar ein wenig zu singen begann. Es war nicht ganz klar, was mit den immer noch zitternden Skeletten geschehen sollte, weswegen Ekchua einem nach dem anderen den Gnadenstoß gab, indem er ihnen mit seiner Klinge den Kopf abschlug. Es war vielleicht übertrieben, aber bei Magie konnte man nie sicher sein.
Sobald ihr Dienst beendet war, begaben sie sich zurück in ihre Aufenthaltsräume, wo sie bereits voller Neugier erwartet wurden. Als Ranghöchster seiner Einheit besaß Ekchua das Privileg, die Ereignisse des Vormittags berichten zu dürfen, und er genoss die Aufmerksamkeit in vollen Zügen, bis es Zeit wurde, seine Rüstung zu pflegen, noch etwas zu essen und sich zu Bett zu begeben.
Ein guter Tag, auch wenn er sich immer noch nicht ganz sicher war, was sie heute erreicht hatten.
Hier könnte die Geschichte enden, aber es wäre doch ein sehr trostloses Ende und vor allem ein Kapitel und 1500 Wörter zu früh. Außerdem muss ich gestehen, dass erst vier Tropen erfüllt wurden, was so nicht stehen bleiben darf.
Machen wir also einen Schritt seitwärts in eine Paralleldimension und beobachten, wie es sich die Ereignisse dort zutrugen.
Ekchua warf vorsichtig einen Blick aus seiner Deckung und was er beobachten konnte, entlockte ihm einen erstaunten Ausruf, den jedoch niemand hören konnte. Wo eben noch die zuckenden Körper der Gefangenen gelegen hatten, sahen sich jetzt drei Leute verwundert um und bestaunten, wie die Blitze ausnahmslos zum vierten gelenkt wurden. Dieser Vierte, der ältere, hagere Mann, hatte sich ein wenig aufgerichtet und starrte in Richtung des großen Grinsens, während ihn ein dicker Magiestrahl mit der Decke verband.
Anfänglich bemerkte Ekchuas Chefin diese Renitenz überhaupt nicht, weil sie immer noch lachend auf ihre Anzeigen starrte. Aber schließlich verstummte ihr Lachen und sie begann mit einem Finger gegen die Glasabdeckungen zu ticken. Sie schrie etwas und sah endlich den Mann auf der Liege, der ihren Blick mit einem angestrengten Lächeln erwiderte. Hektisch winkte sie dem Anführer der Leibwächtereinheit und Ekchua lief so schnell er konnte am Rand des Saals entlang zu seiner Chefin.
„Die Anzeige ist außerhalb der Skala!“ brüllte sie ihm ins Gesicht. Er hatte nicht den blassesten Schimmer, was das bedeuten sollte, weswegen er ergeben in Habachtstellung stehen blieb. Es war nicht ganz gerecht, das seine Chefin ihn genervt anblickte, bevor sie ihm endlich den Befehl gab: „Töte ihn!“
Ekchua war vielleicht ein wenig simpel, aber er war nicht lebensmüde, weswegen er seinen Männern über Zeichen zu verstehen gab, dass sie zu dem hageren Mann gehen sollten, um ihm die Kehle durchzuschneiden.
Auch sie waren nicht Lebensmüde, besaßen aber nicht den Luxus, den Befehl delegieren zu können.
Xoconochco erreichte die Liege als erster und machte augenblicklich Bekanntschaft mit einem der Blitz, welcher auf ihn eine ähnliche Wirkung hatte wie zuvor auf Forastero. Daraufhin näherten sich die anderen dem Ziel nur noch sehr zögerlich, was dazu führte, dass sie ihr Ziel nicht mehr rechtzeitig erreichten.
Denn mit einem lauten Knall explodierte das Kontrollpult und schleuderte die Chefin einmal quer durch den Raum.
Das war das letzte, was Ekchua für die nächsten Minuten sah, denn mit dem Kontrollen war auch der Zufluss zur Beleuchtung und den Blitzgeneratoren zerstört worden und die grelle Helligkeit, die zuvor den Raum erfüllt hatte, erschwerte den Augen die Anpassung an die Notbeleuchtung mit ihrem schwachen, roten Licht.
Auch die Ohren waren anfänglich nicht in der Lage, genügend Eindrücke zu empfangen, die den Nachhall des vorherigen Getöses überwunden hätten.
Ekchua musste mehrfach den Kopf schütteln und mit einer Hand gegen seinen Helm schlagen, bis er endlich das brutzeln und knistern der Zerstörung um sich herum hören konnte. Als nächstes begannen mehrere Leute zu stöhnen und er bemerkte, dass er einer von ihnen war.
„Wie konnte das passieren?“ fragte schließlich die heisere Stimme des Großen Grinsens, wobei sie ihre Worte mit einem sehr ungesunden Husten unterstrich. Ekchua konnte beobachten, wie sie sich langsam aufrichtete und als rötlich hinterleuchtete Schatten auf die Bänke zuging.
„Wenn du schon so fragst, liebe Groose, dann sollte ich dir vermutlich eine Antwort geben. Immerhin bin ich der Verursacher dieses kleinen Dilemmas und damit auch letztlich verantwortlich für deinen Untergang.“
Ekchua hatte die vier Gefangenen kaum sprechen hören, weswegen er sich nicht angemaßt hätte, dass ihm ihre Stimmen vertraut gewesen wären, aber die, die er jetzt hörte, wollte nicht zu dem Bild passen, dass er sich bisher von dem schlaksigen, älteren Mann gemacht hatte, der sich in diesem Moment von seiner Liege erhob. Wie er seine Fesseln gelöst hatte, blieb dem Kakaorianer bis an sein Lebensende ein Rätsel.
„Ich kenne diese Stimmte“, stieß der Boss hervor und taumelte dabei ein wenig vorwärts. „Aber es kann nicht sein!“
„So? Kann es nicht? Wieso glaubst du das?“
„Weil es einfach nicht sein kann!“
„Das ist keine Begründung und ich bin enttäuscht, dass eine meiner Schülerinnen nicht in der Lage ist, mir eine bedeutungsvolle Antwort zu geben.“
„Aber ich habe dich in die Kerkerdimension verband?“
„Du meinst damals, als ich zu spät bemerkte, dass du ein ‚Pentagramm der Zerstörung‘ initiieren wolltest?“
„Ja! Ich habe dich im Strudel der Verdammnis verschwinden sehen.“
„Das hast du wohl. Aber glaubst du tatsächlich, dass ich dir alles beigebracht habe, was ich wusste? Ich hatte dich immer im Verdacht, aber ich konnte dir nie etwas nachweisen. Deswegen musste ich warten und mich selbst schützen. Aber ich gebe zu, dass du mich beinahe vernichtet hast. Es hat mich alle meine Kraft gekostet, deinen Plan aufzuhalten und gleichzeitig mein Leben zu retten.“
„Nein! Warum jetzt? Warum hier?“
„Weil ich hier ausreichend Magie vorgefunden habe, um meine Kraft zu regenerieren.“
Mit einem Schnackeln der Finger entzündete der hagere Mann die Luft vor sich zu einer gleißenden Feuerkugel, die er an die Decke schweben ließ. Endlich war es wieder Hell im Blumenkohlsaal.
„Es ist gut, wieder ganz zu sein.“
Mit drei weiteren Schnacklern löste er die Fesseln der anderen Gefangenen, die sich daraufhin mühsam erhoben. Die Schwester streckte sich, während die Haartanerin und der andere Mann den Hageren verwundert anblickten.
„Seit wann können sie Zaubern, Prof?“
„Eine Frage, die ich auf zweierlei Weisen beantworten könnte. Die erste ist vermutlich nicht die Antwort auf die Frage, wie du sie intendiert hast: Seitdem Groose mich mit einem Lebensenergieleitstrahl beschossen hat und ich darüber die Magie der Leere an mich ziehen konnte. Die richtige Antwort lautet hingegen: bereits seit meinem fünften Lebensjahr?“
„Sie … sie … sie sind …“, stotterte die Haartanerin und Ekchuas Blick wanderte zwischen ihr und dem Mann, den sie Prof genannt hatten, hin und her. Dieser griff sich an den Hals und zog mit einer schwungvollen Bewegung eine Maske vom Gesicht. Mit Stolz erhobenem Haupt und einem dramatischen Blick in die Ferne verkündete er: „Ja, Au, ich bin es! Ich bin der Amtszauberer Zwackelmann! Ich bin zurückgekehrt, um die Verursacherin der Krise endlich für ihre Untaten zu bestrafen!“
„Welche Krise?“ fragte der andere Mann und Ekchua konnte bei dieser dummen Frage nur den Kopf schütteln. Beinahe wäre er hinter seiner Säule hervorgekommen, um ihn aufzuklären, war jedoch letztlich dankbar, dass dies der Amtszauberer übernahm.
„Na, die Zeit, als der Hauptturm des ÖfAFödaBI sich auflöste, das Pylonennetz von einem Virus befallen war und der Rat zurücktrat.“
„Ach, das Blubbern der Hauptpylonen. Klang sehr melodiös.“
„Ja, das Blubbern der Hauptpylonen. Und nein, es war nicht melodiös, es war furchtbar und das ist dir nur nicht aufgefallen, weil du eine gute Melodie nicht einmal erkennen würdest, wenn man einen Zettel dran hängen würde.“
„Sie sind tatsächlich Amtszauberer Zwackelmann.“
„Woran machst du das jetzt fest?“ fragte die Schwester.
„Dasselbe hat er bei meiner Einstellungsuntersuchung gesagt. Und ich habe schon damals behauptet, dass er eine überzogene Meinung von seinem eigenen Musikgeschmack hat. Ich stehe immer noch dazu.“
„Warum diese ganze Verkleidung, Prof?“
„Vielleicht sollten sie ihn nicht mehr so nennen, Frau Cleene.“
„Das ist schon in Ordnung, Au, ich habe mich inzwischen daran gewöhnt.“
„Verdammt noch mal! Könnten wir zur Sache kommen? Ihr habt mein Ritual zur Erringung der Herrschaft über alle Welten unterbrochen! Ihr könnt mich jetzt nicht einfach ignorieren!“
„Liebe Groose, natürlich können wir dich ignorieren. Denn seit einigen Minuten bist du vollkommen irrelevant.“
„Irrelevant? Ich werde euch zeigen, wer hier irrelevant ist. Kakaorianer! Schlagt Alarm! Zum Angriff!“
Ekchua kam vorsichtig aus seiner Deckung hervor und suchte den Raum nach den letzten beiden Überlebenden seiner Einheit ab. Er fand sie, als sie sich aus ihren Verstecken lösten und zögerlich seinen Blick erwiderten. Natürlich würden sie angreifen, immerhin hatte ihre Chefin es ihnen befohlen. Es war aber nicht so, als verspürten sie den unbedingten Drang, sich ins Kampfgetümmel stürzen zu müssen. Dieser Zwackelmann schien sehr von seinen Fähigkeiten überzeugt zu sein und sie hatten heute bereits zwei ihrer Freunde auf höchst berichtenswerte Art und Weise sterben sehen.
„Eure Ergebenheit zu der Person, die ihr das große Grinsen nennt, ist bewundernswert“, richtete der Zauberer prompt seine Aufmerksamkeit auf sie. Ekchua hielt in der Bewegung inne und auch seine Kollegen verharrten.
„Ihr solltet euch aber in diesem Moment überlegen, was euch tatsächlich wichtiger ist: Eure Treue oder euer Leben. Und ich versichere euch, dass ich keine zweite Warnung aussprechen werde. So viel habe ich von eurer Kommandantin gelernt.“
Erneut sahen sich die drei an, bis Ekchua sicher war, dass er für sie alle sprach: „Sie müssen verstehen, dass das Große Grinsen eine großartige Chefin ist. Wir dienen ihr sehr gerne. Keiner von uns hatte bisher eine bessere Chefin – oder einen besseren Chef. Wir würden alles für sie tun“, richtete er sich jetzt an Groose, „aber die Situation ist ziemlich aussichtslos. Ob wir hier sterben oder nicht, ist irrelevant“ (hätte er das Wort zuvor nicht gerade gehört, hätte er vermutlich ‚egal‘ gesagt, aber dieses neue Wort klang so viel besser), „deshalb würden wir uns gerne aus diesem Kampf heraushalten.“
„Natürlich ist euer Tod irrelevant! Dafür bezahle ich euch! Ihr seid meine persönliche Wache! Ihr habt geschworen mich mit eurem Leben zu verteidigen.“
Den Rest ihres Gebrülls hörte er schon nicht mehr, denn sein Trupp verließ geschlossen den Saal. Sein Gewissen meldete sich auf dem Weg zurück zu ihren Räumen, aber wenn man es gründlich abwog, ging natürlich das eigene Leben vor. Es war ein wenig schade, dass sie sich jetzt einen neuen Arbeitgeber suchen mussten, der vermutlich keine so schönen Rüstungen zur Verfügung stellte, aber vielleicht gelang es ihnen, sich als Söldnertruppe auf dem freien Markt zu etablieren.
Wichtig in diesem Moment war jedoch vor allem, dass sie heute eine gute Geschichte zu erzählen haben würden.
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